Drei - Generationen - Küstenwanderung
Nach unserer viermonatigen Tour durch Indien, fliegen wir zu den Enkelinnen nach Neuseeland. Weihnachten und der Jahreswechsel liegen sozusagen vor der Tür. Die letzten 20 Jahre waren wir immer zu Weihnachten und Silvester irgendwo in der Welt unterwegs. Wir mussten uns somit um keinen Weihnachtsbaum mehr kümmern, keine Geschenkelisten ab Herbst abarbeiten, keine Einladungslisten überarbeiten, nicht über schneelose oder gar verregnete Feiertage stöhnen.
Wir verbrachten in diesen 20 Jahren die Feiertagen in irgendwelchen Wüsten, im Dschungel, auf Bergen, an Meeren oder in Ortschaften und in Städten, welche wir vorher nicht kannten. In manchen Jahren bemerkten wir erst Tage später, dass doch vor 1, 2 oder gar 3 Tagen eigentlich Weihnachten bzw. Silvester gewesen sein muss. Für uns ein Zeichen, dass uns die Feiertage nicht mehr wirklich wichtig waren, dass wir uns unterwegs sehr wohl fühlten und die jährlich neue Entscheidung, wo werden wir dieses Jahr zu den Feiertagen unterwegs sein werden, eine freudig diskutierte Routinefrage wurde.
Ich möchte aber auch gleich gestehen, dass Weihnachten mit unseren Kindern, als diese noch wirklich klein waren, durchaus für uns immer sehr schön war.
Doch diesmal wird alles anders. Nach vielen Jahren, wenn auch nicht zu Hause, verbringen wir zumindest symbolisch Weihnachten unterm Tannenbaum. Das schöne daran, es ist ein neuseeländischer Tannenbaum, es ist herrlich warm und die Enkelinnen erinnern uns an die schöne Tannenbaum- Zeit mit unseren eigenen Kindern.
Ich möchte nun nicht mit unserem Familientreffen oder gar mit einer Familienweihnacht langweilen. Deswegen werde ich nur einen Höhepunkt unseres Kiwi- Aufenthaltes kurz erzählen. Es ist unsere, wenn auch sehr kurze, Drei- Generationen- Küstenwanderung.
Die Rucksäcke sind schnell gepackt. An Erfahrung mangelt es uns nicht. Zumindest den großen Wanderern. Für die Kinder ist dies anders. Sie sind aufgeregt, suchen ihre Schlaftiere und fragen uns laufend Löcher in den Bauch.
Wir fahren nur kurz mit dem Auto über den nächsten Berg, parken dort, packen aus und schultern die Rucksäcke.
Wenn man mit Kindern (Keana 4 / Leilani 6) eine etwas längere Wanderung unternimmt, sind kindgerechte Abenteuer wichtig, denn die Tour soll ja in bester Erinnerung bleiben und nicht zur Tortur werden. Diese kleinen Abenteuer kann man mit etwas Fantasie selbst erfinden. Man kann aber auch die eigenen Augen weit öffnen, die Erwachsenengedanken wegsperren und den längst verlassenen Kindermodus einschalten. Dies hilft in der Regel sehr gut über die ersten Meter, denn sehr schnell vergessen dann die Kinder, dass sie ihren kleinen Rucksack selbst tragen.
Wir haben Glück, denn wir müssen nichts erfinden. Bereits auf den die ersten Metern schenkt uns ein Fluss das so wichtige erste kindgerechte Abenteuer. Gemeisterte Flussdurchquerungen, noch dazu mit Rucksack, prägen sich ein, bleiben unvergesslich.
Danach geht es kurz am Flussufer weiter. Und wir sehen fantastisches. Ebbe und Flut geben genug Stoff zum erzählen, zum erklären, auch zum erfinden und zum bestaunen. Eine Wunderwelt liegt uns zu Füßen. Die Augen schlagen Purzelbäume.
Krebse, Muscheln, Sandbewegungen, Wasserspiegelungen, Farben, Würmer und Seevögel drängeln sich ohne gefragt zu werden in die Abenteuerliste. Mit etwas Fantasie gesellen sich Feen, Zwerge und Riesen dazu. Nicht nur die Kinderaugen staunen.
So laufen wir staunend Kilometer für Kilometer, ändern dabei zwangsweise öfters die Richtung, denn auf der Suche nach einem geeignetem Lagerplatz verirren wir uns gewaltig zwischen stahlblauen Lagunen, fast schwarzen Dünenhügeln, nahen Bergkuppen und schulterhohem Gras.
An einer der zauberhaften Lagunen machen wir Rast. Besser geschrieben, die Mädchen erzwingen regelrecht die Rast, denn waschechte Kiwi- Mädchen lassen kein Gewässer aus. Egal wie warm oder kalt das Wasser ist, Wasser ist ihr Element, ist ihre Welt. Sie planschen, schwimmen, versuchen Fische zu fangen und klappern dabei irgendwann mit den Zähnen. Ein sicheres Zeichen für uns. Noch lustvoll etwas essen und danach sollten wir weiter laufen!
Am späten Nachmittag finden wir unseren idealen Lagerplatz. Er liegt plötzlich vor uns wie bestellt, wie aus dem Katalog gebucht. Der Lavasand der Dünen bildet einen schönen Kontrast zu den grünen Gräsern. Das Meer ist nicht zu nah und nicht zu fern. Nur ein feines Meeresrauschen ist zu hören. Genau die richtige Melodie. Schnell sind die Zelte aufgebaut.
Eigentlich müssten die Mädchen richtig müde sein. Doch die kleinen Abenteuer von unterwegs, und weitere um unseren Lagerplatz herum, lassen die eigentliche Müdigkeit nicht siegen. Die Siege erringen die Spiele ohne Spielzeug. Aus Treibholz, abgeworfenen Gräsern, gefundenen Muscheln und mit viel Sand vermischt, ist schnell das Fantasie – Prinzessinnen – Wunderland erschaffen.
Das Abendbrot kommt zur rechten Zeit. Alles was dafür nötig ist, haben wir hergeschleppt und dürfen es nun um so genüsslicher verzehren. Am kleinen Lagerfeuer werden die Augen der Mädchen langsam klein.
Die restliche Augengröße reicht aber noch zum bestaunen des Sonnenuntergang. Wir setzen uns auf eine Düne und schauen Richtung Meer, denn da genau versinkt die Sonne in glutroter Pracht. Es sind die Minuten der Besinnung. Jeder hängt seinen eigenen Gedanken nach.
Nach einer Gute- Nacht- Geschichte schlafen die Mädchen schnell ein.
Mit einem herrlichen Frühstück, mit herrlichem Morgenkaffee beginnt der nächste Tag. Wir packen zusammen, schultern erneut die Rucksäcke und freuen uns auf dem Rückweg. Nicht nur die Mädchen sind gut drauf, auch wir sind gut drauf. Auch sind unsere Rucksäcke leichter, denn der reichhaltige Proviant ist verzehrt. So lässt sich gut marschieren.
Der Rückweg ist erneut mit kleinen Abenteuern garniert. Ich selbst bin glücklich, dass wir den richtigen Rhythmus gefunden haben. Der Drei- Generationen- Rhythmus kann also funktionieren.
Wie viele Kilometer wir gelaufen sind, kann ich nicht schreiben. Ich habe es nicht nachgerechnet, aufgeschrieben oder geschätzt, denn letztendlich ist dies auch egal. Ich denke eh immer, Kilometer sind nur Kilometer, sind somit nicht so wichtig. Wichtig ist, dass jeder irgendwie happy war. Und dies waren wir!
Verabschieden von Neuseeland möchte ich mich mit einem Bild von unserem Märchenwald. Sehr oft waren wir dort zum Sonnenuntergang. Manchmal dachten wir, der Wald wird gleich lichterloh zu brennen anfangen.
Wenn die Mädchen im Märchenwald dabei waren, war es immer besonders schön, denn Gi und mir vielen da immer besonders viele Geschichten ein. Und noch schöner, der Märchenwald hat auch die Fantasie der Mädchen entfesselt. Wir hoffen, diese Fantasie wird die beiden ein Leben lang begleiten.
Dankeschön für Ihr Interesse!!!